Grundzüge des Maschinenmelkens

„Die“ richtige Melkarbeit gibt es nicht. In jedem Betrieb gilt es andere Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Wichtig ist es aber Grundsätze zu beachten, die entweder in der Physiologie der Kuh begründet sind oder in der Natur von eingesetzten Mitteln, die nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen ihre volle Wirkung entfalten können.
Fehler im Melkablauf wirken sich nachteilig auf die Milchmenge, Melkdauer und die Eutergesundheit aus. Deshalb sollten nachfolgend aufgeführte Regeln beachtet werden:

Melkreihenfolge festlegen und einhalten - Übertragung von Mastitiserregern ausbremsen

  • zuerst die eutergesunden Kühe, dann die infektionsverdächtigen Kühe (erhöhte Zellzahl) und zum Schluss die nachweislich euterkranken Kühe melken
  • das Melken wird mit Handschuhen durchgeführt
Melkutensilien

Melkutensilien

Funktionskontrolle der Melkeinheit

  • Überprüfung von Melkvakuum, Pulsation, Lufteinlass, Sitz und Beschaffenheit der milchführenden Gummiteile, Schlauchführung

Kontaktaufnahme mit der zu melkenden Kuh - Vertrauensbasis schaffen

  • die Kuh ansprechen und mit dem Handrücken berühren → stressfreies Melken!
Kontaktaufnahme

Kontaktaufnahme

Ruhige Kühe im Melkstand

Ruhige Kühe im Melkstand

Vormelken und Prüfen - niedriger Anfangskeimgehalt der Milch und Eutergesundheitskontrolle

  • 2-3 Strahlen pro Zitze mit dem Faustmelkgriff in den Vormelkbecher (obligatorisch vorgeschrieben!) melken
  • nicht auf den Boden, in die Hand oder in das Eutertuch melken → Infektionsdruck steigt!
  • auf Farbveränderungen und Flockenbildung achten = Störungen der Eutergesundheit
  • veränderte Milch darf nicht abgeliefert werden – Milchzelltest durchführen, Viertelgemelksproben entnehmen und ggf. Tierarzt hinzuziehen (Milcherzeuger = Lebensmittelunternehmer = Verantwortung!!!)
Vormelken

Vormelken

Veränderte Milch im Vormelkbecher

Veränderte Milch im Vormelkbecher

Euter, Zitzen reinigen - niedriger Anfangskeimgehalt der Milch und Eutergesundheitvorsorge

  • erstrangig die Zitzen mit Schwerpunkt Zitzenkuppen reinigen
  • Euterboden und Zisternenbereich nicht vergessen!
  • schleuderfeuchte Vliestücher (Kochwaschgang) oder Einwegtücher, die vorher in einer geeigneten Desinfektionsmittellösung befeuchtet wurden (Hygieneeimer) verwenden
  • niemals ein Eutertuch für mehrere Kühe verwenden!
  • stark verschmutzte Euter mit lauwarmem Wasser waschen und anschließend abtrocknen
    → Ansetzen des Melkzeuges an feuchte Zitzen = vorzeitiges Klettern der Melkbecher
Euterreinigung

Euterreinigung

Euter anrüsten - Einleiten einer optimalen Melkbereitschaft durch Oxytocin

  • von der ersten Berührung der Zitze beim Vormelken bis zum Ansetzen des Melkzeuges dürfen nur ca. 60 s vergehen = zügiges Arbeiten
Angerüstetes Euter

Angerüstetes Euter

Melkzeug ansetzen

  • Melkbecher ohne Lufteinbrüche, Boden- und Fellberührung ansetzen
    → Lufteinbrüche = Vakuumschwankungen, längere Melkdauer, abfallende Melkzeuge, „Rückspray-Effekt“...
  • zugunsten der Gelenke des Melkers in runder Reihenfolge (U-Form) ohne Handwechsel und Übergreifen ansetzen
  • der Zeigefinger erfühlt die Zitzen und führt sie sanft in den Melkbecher ein
  • Melkzeug so positionieren (locker, frei beweglich, pendelnd = Lockerung der Eutermuskulatur), dass keine ungünstigen Dreh- und Hebelkräfte die Melkarbeit stören
Melkzeug ansetzen

Melkzeug ansetzen

Melkmaschine arbeiten lassen

Melkzeug Arbeitet

Melkmaschine arbeiten lassen

Weder zu früh (Neuausschüttung von Oxytocin) in den Melkvorgang eingreifen noch Blindmelken (die empfindlichen Schleimhäute, die den Strichkanal auskleiden reiben aufeinander, weil die Milch als schützender Film dazwischen fehlt = Schleimhautreizungen = Euterentzündung)

Nachmelkroutine

  • wenn der Milchfluss auf allen vier Vierteln sichtbar nachlässt, mit dem Zisternengriff den Ausmelkgrad des Euters ermitteln
  • nur wenn nötig (großvolumige, schlaffer werdende Euter, ungünstige Euterformen = Sammelstück des Melkzeuges berührt Boden) maschinell nachmelken – Sammelstück gefühlvoll unter leichter Belastung nach vorne ziehen (Restmilch absaugen)
  • danach Vakuum absperren und nach kurzer Wartezeit zum Vakuumabbau alle 4 Melkbecher gleichzeitig abnehmen, dass keine Milchreste auf den Boden tropfen (Hygiene)
  • Nachmelkautomatik: Eine Nachmelkautomatik hat die Aufgabe, ab einem festzulegenden Milchfluss (ca. 800 ml/min.), das Melkzeug zu belasten und die Position zu verändern. Ziel ist es, einen höheren Ausmelkgrad zu erzielen. Arbeitsersparnis, eine höhere Milchleistung und die Gewähr für eine bessere Eutergesundheit sind die Argumente für den Einsatz dieser Technik.
  • Abnahmeautomatik: Im Melkstand wird zur weiteren Entlastung des Melkpersonals und zur Vermeidung des Blindmelkens die Abnahmeautomatik eingesetzt. Sie hat die Aufgabe, nach Unterschreiten des eingestellten Milchflusses (ca. 300 ml/min.) und nach Ablauf einer bestimmten Verzögerungszeit, das Vakuum im Melkzeug abzuschalten und das Melkzeug vom Euter zu ziehen.
Zisternengriff

Zisternengriff

Zitzendippen - Zitzenhautpflege

  • sofort nach Abnahme des Melkzeuges mit einer zugelassenen Dippmittellösung (2/3 der Zitze von der Zitzenspitze her gesehen)
  • jedes Dippmittel besitzt eine desinfizierende und eine hautpflegende Komponente (Glycerin, Lanolin, Aloe vera...) → auf einer gepflegten, weichen Euter- und Zitzenhaut können sich deutlich weniger Euterkrankheitserreger festsetzen, als auf einer ungepflegten, rauhen Haut
  • zu empfehlen sind Dippbecher (Zitzentauchen) mit Rücklaufsperre, die regelmäßig entleert und gereinigt werden müssen
  • beim Sprühen wird mehr Dippmittel benötigt
Gedippte Zitzen

Gedippte Zitzen

Melkplatz reinigen

Melkplatz reinigen

Ausblick:

Der oben beschriebene Melkablauf basiert auf den Grundlagen des Landes- und Bundeswettbewerbes Melken, der die melkphysiologischen, melkhygienischen und tiergesundheitlichen Bedingungen und das notwendige Verständnis für eine nachhaltige Milchproduktion beinhaltet und fördert. Neue Richtlinien der EU lassen gegenwärtig und künftig auch weniger anspruchsvolle Abläufe zu, die oft vordergründig ökonomischen Zwängen und weniger den melkphysiologischen Erfordernissen Rechnung tragen.
Deshalb sollten für Ausbildungs- und Beratungsaufgaben auch künftig die bewährten, wissenschaftlich begründeten höheren Anforderungen an die Melkarbeit vertreten werden.
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