Antibesaugringe: Von der Regel zur Seltenheit

Bei Kälbern in der Gruppenhaltung ist das gegenseitige An- und Besaugen nach wie vor ein unübersehbares Problem. Dabei saugen die Kälber vor allem sehr intensiv an den Euteranlagen, am Nabel, Maul, Ohren und Schwanz. Die unausweichliche Folge sind Verletzungen und Infektionen. Aber gerade Verletzungen in der Euterregion führen dabei häufig zu langfristigen Schädigungen.

So können Zitzenverletzungen bereits aus dem Kälberstadium stammen und zum späteren Ausfall von einzelnen Eutervierteln bei Erstlaktierenden führen. Eine sichere Fahrkarte in die Dreistrichigkeit ist gelöst. Doch nicht nur die besaugten, auch die saugenden Kälber leiden. Denn sie nehmen Haare und Urin auf, was zu Verdauungsstörungen und damit zu Wachstumseinbußen führen kann. In der Regel sollte das Problem bei den Kälbern mit zunehmendem Alter „herauswachsen“, doch das klappt nicht in allen Betrieben und nicht bei allen Kälbern. Als sogenanntes Allheilmittel wird dann oft kurzerhand mit Antibesaugringen gearbeitet, die diese Verhaltensanomalie in den Griff bekommen sollen. Eine absolute Notlösung, die nur als letzte aller Maßnahmen und nur für unbelehrbare Sauger zur Anwendung kommen darf.
Auch im Staatsgut Grub war noch im Jahr 2019 die Anzahl Tiere, die mit einem derartigen Saugentwöhner ausgestattet war, deutlich zu hoch. Nachhaltiger und erfolgversprechender ist ein aktives Handeln in Form einer gut durchdachten Prophylaxe. Neben einer intensiven Tränke, ausreichend Platz in einer sehr gut eingestreuten Bucht und einem optimierten Stallklima muss der Beschäftigung der Kälber mehr denn je Rechnung getragen werden.
Denn sind einmal die Grundbedürfnisse der Kälber gedeckt, dann tritt das soziale Spielen der Tiere miteinander oder mit verschiedenen Beschäftigungsmöglichkeiten in den Vordergrund. Der Spieltrieb der Kälber darf ausgenutzt werden. Im Kälberstall des Staatsgutes Grub sind deshalb Heuspielbälle, Spieligel und -propeller, Kratzmatten, rotierende Bürsten, Sisalseile und Minerallecksteine wechselweise im Angebot. Und der Erfolg ist mit Blick auf die aktuelle Situation im Jungviehstall spitzenmäßig. Antibesaugringe wurden von der Regel zur Seltenheit. Aktive Prophylaxe ist gefragt, so lautet die Empfehlung von Wolfgang Müller, Koordinator für Rinderhaltung bei den Bayerischen Staatsgütern.
Fazit: Das gegenseitige Besaugen muss bereits in der frühen Kälberaufzucht durch verschiedene Optimierungsmaßnahmen besonders in der Fütterung und Haltung eingedämmt werden. Die Antibesaugringe im Jungviehstall oder gar bei den Kühen können nur das letzte Mittel sein.